Bösgläubige Anmeldung einer Marke
Ferdinand Bachinger
Admin | 26. August 2023
OGH vom 27.06.2023, 4 Ob 54/23d:
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Wortmarke AT 1873329 LIPIZZANER (Prioritätsdatum 5. 10. 1999) und der Wortbildmarke AT 196180 (Anmeldung am 29. 5. 2000), jeweils registriert für eine Vielzahl an Waren und Dienstleistungen.
Die Zweitantragstellerin ist eine Gesellschaft öffentlichen Rechts gemäß § 1 Spanische Hofreitschule-Gesetz mit dem Zweck der dauerhaften Erhaltung und traditionsgemäßen Zucht der Pferderasse „Lipizzaner“, zur Erhaltung der Tradition und der Hohen Schule der klassischen Reitkunst, zur traditionsgemäßen Nutzung der betreffenden Teile der Hofburg und des Bundesgestütes Piber und damit zur Wahrung des öffentlichen Interesses am dadurch repräsentierten österreichischen und internationalen Kulturgut. Die Erstantragstellerin vertreibt (im Einverständnis mit der Zweitantragstellerin) verschiedene Produkte mit Bezug zur Spanischen Hofreitschule.
Die Zweitantragstellerin ist Inhaberin diverser älterer Lipizzaner-Marken sowie der (älteren) Bildmarke AT 117393.
Die Antragstellerinnen begehrten – gestützt ua auf § 34 MSchG (bösgläubige Markenanmeldung) die Löschung der Marken der Antragsgegnerin. Es sei notorisch, dass der Begriff „Lipizzaner“ seit langem mit der Spanischen Hofreitschule assoziiert und als deren Produkt- und Markenzeichen wahrgenommen werde. Der Ruf und die Wertschätzung der Lipizzaner werde von der Zweitantragstellerin seit jeher kommerziell genutzt, etwa durch den Verkauf von Souvenirartikeln. Die Antragsgegnerin habe keinen auch nur irgendwie gearteten Bezug zum Begriff „Lipizzaner“. Es sei daher offenkundig, dass sie ihre Marken allein aus unlauteren Motiven angemeldet habe. Die klare Behinderungsabsicht lasse sich auch aus der Vielzahl der Waren- und Dienstleistungsklassen ableiten.
Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts löschte die angegriffenen Marken zum Zeitpunkt ihrer Registrierung wegen bösgläubiger Anmeldung. Die Antragsgegnerin habe keinerlei Bezug zu Pferden oder zu Lipizzanern. Ihre Anmeldung sei nicht im Interesse erfolgt, die Marken für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu verwenden, sondern nur deshalb, um andere möglichst umfangreich von der Benutzung des Begriffs „Lipizzaner“ abzuhalten.
Eine Markenanmeldung ist auch dann bösgläubig, wenn sie ohne eigene Benutzungs- oder Vermarktungsabsicht erfolgt, sondern hauptsächlich dazu dient, dritte Unternehmen, die später gleiche oder ähnliche Zeichen nutzen, auf Unterlassung und Zahlung in Anspruch zu nehmen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Anmelder ohne konkrete Geschäftsbeziehung mit potentiellen Nutzern eine Vielzahl von Marken mit geringer oder fehlender Kennzeichnungskraft anmeldet, nur ein geringer Teil dieser Anmeldungen tatsächlich zu einer Registrierung führt und ein realistisches Geschäftsmodell für eine über das Geltendmachen von Unterlassungs- und Zahlungsansprüchen hinausgehende Nutzung dieser Marken nicht erkennbar ist.
Nach den in diesem Verfahren getroffenen Feststellungen meldete die Antragsgegnerin die Marken erst an, als seitens des Landwirtschaftsministeriums (über die bestehenden Lipizzaner-Marken hinaus) kein weitreichender Markenschutz beantragt wurde. Dass das Ministerium vorab kontaktiert wurde und untätig blieb, hat das Berufungsgericht jedoch vertretbar dahin gewertet, dass dies die Antragsgegnerin, die ohne jedwede rechtliche, wirtschaftliche oder organisatorische Verbindung zu dem mit „Lipizzaner“ verbundenen/assoziierten Kulturgut steht, nicht dazu legitimiert, mit den Markenanmeldungen Dritte (vor allem die dazu berechtigten Antragsteller) an der Benützung dieses Zeichens zu hindern. Diese Beurteilung wird vor allem auch dadurch gestützt, dass die Antragsgegnerin die Registrierung der Marken für eine nahezu unüberschaubare Anzahl an Waren und Dienstleistungen vornahm, um (laut den Feststellungen) „Dritten zuvorzukommen“. Die Annahme einer bösgläubigen Registrierung iSv § 34 MSchG durch die Vorinstanzen ist daher keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (grobe) Fehlbeurteilung.
Unsere Meinung dazu
Markenpiraterie mal anders. Nicht nur das Ausnutzen einer (bekannten oder berühmten) Marke ist Unrecht, auch das böswillige Anmelden von Marken ist dann verboten, wenn man nicht die Absicht hat, die Marke tatsächlich zu benutzen, sondern nur anderen die Verwendung entsprechender Zeichen zu erschweren und Zahlungs- und Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Vollkommen richtig. Diese Art von Schattenwirtschaft ist ein durchaus verbreitetes Mittel, um Ansprüche oder Geldwerte zu generieren, die mit keiner eigenen oder wirtschaftlich messbaren Leistung verbunden sind. Außerdem stellt es einen Missbrauch der öffentlichen Register dar, der nicht toleriert werden darf.