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Überdachtes Lagerregal als Bauwerk?

Überdachtes Lagerregal als Bauwerk?

VwGH vom 14.04.2023, Ra2023/06/0043:
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (Behörde) vom 20. September 2022, mit welchem über den Revisionswerber Geldstrafen von € 400,-- (für den ersten Straftatbestand) und von € 1.000,-- (für den zweiten Straftatbestand) verhängt worden waren, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B.GmbH zu verantworten habe, dass auf einem näher gennannten Grundstück ein Lagerregal samt fester Überdachung (erster Straftatbestand) und zwei Container samt festem Pultdach (zweiter Straftatbestand) ohne baupolizeiliche Bewilligung errichtet worden waren, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Bezeichnung des Grundstückes durch die Wortfolge „im südlichen Bereich“ ergänzt wurde.
Dies begründete das LVwG - sofern für das gegenständliche Verfahren relevant - damit, dass sowohl das überdachte Lagerregal als auch die überdachten Container unter § 1 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) zu subsumieren seien; beide baulichen Anlagen seien überdeckt, könnten von Menschen betreten werden, seien mit dem Boden verbunden, ihre Herstellung erfordere technische Kenntnisse und sie dienten der Unterbringung von Sachen, letztere auch dem Aufenthalt von Menschen. Da die bewilligungspflichtigen Anlagen ohne Bewilligung ausgeführt worden seien, sei der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Ziff. 1 BauPolG erfüllt.

Nach der Judikatur liegt eine Verbindung mit dem Boden bereits vor, wenn eine Anlage auf dem Boden aufliegt und aufgrund ihres entsprechend großen Eigengewichts nicht ohne weiteres bewegt werden kann; auch bei Fertigteilbauten ist vom Erfordernis bautechnischer Kenntnisse auszugehen; Klär-, Sicker-, Senk-, Jauche- und Güllegruben (die nur ausnahmsweise zur Wartung oder Reinigung betreten werden), eine Schwimmbadüberdachung, Pferdeboxen oder eine Hundezwingeranlage können ebenfalls unter § 1 BauPolG subsumiert werden.
Den Gesetzesmaterialien zufolge sei es für einen Bau iSd § 1 BauPolG nicht erforderlich, dass ein Raum nur durch eine Tür betreten werden könne; es komme vielmehr auf die Größe des geschaffenen Raumes an; das Betreten könne auch im Zuge einer ausnahmsweisen Tätigkeit erfolgen (Wartung, Reinigung, Räumung udgl.); Klär-, Sicker-, Senk- und Güllegruben stellten daher auch Bauten im Sinne dieser Bestimmung dar.
Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte mit Hinweis auf die oben angeführten Gesetzesmaterialien Streusalzsilos, die nur zu allfälligen Revisions-, Kontroll- oder Reparaturzwecken über erst dafür einzuhängende Leitern betreten werden, als „Bau“ im Sinn des § 1 BauPolG; das Erfordernis der Betretbarkeit ziele auf eine gewisse Mindestgröße des Raumes ab.

Im gegenständlichen Fall enthalten sowohl das Straferkenntnis vom 20. September 2022 als auch das angefochtene Erkenntnis Fotos des überdachten Lagerregals. Wenn das LVwG angesichts dessen zu dem Ergebnis gelangte, dass nicht nur zufällig eine Schalungstafel auf dem Regal liegt, sondern dieses - wenn auch nicht in seiner gesamten Länge (dass das Regal teilbar wäre, wurde in der Zulässigkeitsbegründung nicht vorgebracht) - überdacht ist, kann dies nicht als unvertretbar angesehen werden. Gleiches gilt für die Frage, ob für die Errichtung dieser baulichen Anlage angesichts ihres Ausmaßes bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.
Dem klaren Wortlaut des § 1 BauPolG zufolge muss ein Bau nicht zwingend einen Raum zum Aufenthalt von Menschen umfassen, sondern kann auch der Unterbringung von Sachen dienen. Das verfahrensgegenständliche Lagerregal kann aufgrund seiner Größe unzweifelhaft etwa zu Kontroll- oder Reparaturzwecken von Menschen betreten werden. In der Zulässigkeitsbegründung wurde vor dem Hintergrund des in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Willens des Gesetzgebers und der dazu ergangenen hg. Rechtsprechung nicht dargelegt, inwiefern die Beurteilung des LVwG, das überdachte Lagerregal stelle einen Bau iSd § 1 BauPolG dar, in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre.

Unsere Meinung dazu

Vorauszuschicken ist, dass der VwGH nichts daür kann. Das Gericht wendet nur das Gesetz an und die hier gegenständliche Schnappsidee stammt vom Gesetzgeber persönlich. Wenn ein Gesetz so ausgelegt werden kann, dass ein Lagerregal, das mit einer Schaltafel überdeckt ist, ein Bauwerk darstellt (und damit einer Baubewilligung bedarf), dann muss die Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes ernsthaft in Frage gestellt werden. Der Gesetzgeber hats vielleicht gut gemeint, im Eifer des Gefechtes aber deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Das Salzburger Baupolizeigesetz 1997 bedarf schon lange einer grundlegenden Überholung. Vielleicht erwärmt sich der Gesetzgeber ja demnächst und saniert diese Baustelle endlich.