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Müllentsorgung durch Maler

Müllentsorgung durch Maler

OGH vom 28.03.2023, 4 Ob 48/23x:
Der Beklagte hat einen Maler- und Anstreicherbetrieb. Auf seiner Website bot er unter dem Titel „Abbruch- und Entsorgung“ u.a. neben Maurerarbeiten auch folgende Leistungen an: "Bei einer Sanierung fällt meist Schutt und Abbruchmaterial an – wir kümmern uns um sämtliche Abbrucharbeiten, halten Lärm- und Staubbelastung in Grenzen und sorgen für den Abtransport und die fachgerechte Entsorgung.“ Er verfügt aber weder über eine Gewerbeberechtigung für das Sammeln und Behandeln von Abfällen noch über eine Bewilligung nach § 24a Abs. 1 AWG 2002 ("Abfallwirtschaftsgesetz 2002").

Der klagende Verein begehrte die Unterlassung, ohne eine entsprechende Bewilligung nach § 24a Abs. 1 AWG und Berufsberechtigung für das Gewerbe Sammeln und Behandeln von Abfällen die Sammlung, Entgegennahme und Verbringung von Abfällen anzubieten; sowie Urteilsveröffentlichung. Der Beklagte verschaffe sich einen Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch iSd § 1 Abs. 1 Ziff. 1 UWG. Er biete ohne die nötigen Bewilligungen auf seiner Website Malerarbeiten, Trockenbau, Fliesenleger-, Bodenleger-, Bautischler- und Maurerarbeiten sowie Abbruch und Entsorgung an. Bereits das Anbieten einer Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen sei der Ausübung der jeweiligen Tätigkeit gleichzuhalten und setzte daher eine entsprechende Gewerbeberechtigung oder Bewilligung nach AWG voraus.

Der Beklagte wendete unter anderem ein, dass sein Gewerbe sowohl die Abbrucharbeiten als auch das Sammeln und Behandeln von im Zuge seines Auftrags anfallenden Abfällen als Nebenrecht umfasse. Andere Abfälle habe der Beklagte weder gesammelt noch dies angeboten. Zumindest sei seine Auslegung der einschlägigen Normen aber vertretbar.

Von der Erlaubnispflicht des § 24a Abs. 1 AWG sind fürs Abfallsammeln Personen ausgenommen, die aus Anlass einer wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, wie z.B. Reparaturen, Instandhaltungen, Wartungsarbeiten, Gartenarbeiten, Abbruch- oder Aushubarbeiten, im Zuge der Ausführung eines Auftrags, anfallenden Abfälle Dritter übernehmen und nachweislich einem berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben. Diese Ausnahme von der Erlaubnispflicht wurde nach den Gesetzesmaterialien gerade für Installateure, Wartungsfirmen, Baufirmen, Gärtner etc. eingeführt, die im Zuge ihrer Tätigkeit anfallende Abfälle Dritter sammeln, soweit sie nicht einen Erwerbsschwerpunkt in der Sammlung von Abfällen haben und unter der Voraussetzung, dass sie diese Abfälle nachweislich einem berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben. Die Gesetzesmaterialien nennen also insbesondere Gewerbetreibende, auch wenn das Gewerbe des Beklagten nicht ausdrücklich angeführt ist.

Der Beklagte übt als Maler und Anstreicher ein reglementiertes Gewerbe aus. Er ist auch zum Verkleiden von Wänden und Decken mit Tapeten und zum Anbringen von Anstrichen und Beschichtungen zum Zweck der Wärmeisolierung berechtigt. Zusätzlich darf er – wie alle Gewerbetreibenden -
* alle Vor- und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe vornehmen, die dazu dienen, die von ihm erbrachten Dienstleistungen absatzfähig zu machen;
* Abfälle sammeln und behandeln, wovon abfallrechtliche Regelungen unberührt bleiben; und
* Leistungen anderer – sogar reglementierter – Gewerbe erbringen, wenn diese Leistungen die eigene Leistung wirtschaftlich sinnvoll ergänzen und gewisse Prozentsätze am Gesamtumsatz im Wirtschaftsjahr sowie an der Leistung eines konkreten Auftrags nicht übersteigen.

Die Erlaubnis wirtschaftlich sinnvoll ergänzender Leistungen wurde erweitert, sodass sie nicht mehr nur in geringfügigem Umfang erbracht werden dürfen. Seither dürfen sie bis zu 30 % der Gesamtleistung ausmachen. Für Nebenrechtsleistungen aus reglementierten Gewerben gilt eine Obergrenze von 15 % der Leistung des konkreten Auftrags. Was inhaltlich darunter fällt, leitet sich nach den Gesetzesmaterialien wie bisher vor allem aus der Sicht des Nachfragers der Leistung ab.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist keineswegs offensichtlich, dass der Beklagte durch die von ihm angebotenen Abbrucharbeiten und/oder Entsorgung des dabei anfallenden Bauschutts Vorschriften der Gewerbeordnung verletzt. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Hinweise davon auszugehen, dass er auf seiner Website Leistungen anbietet, die er als Nebenrecht seiner Gewerbebefugnis als Maler und Anstreicher erbringen darf.

Im vorliegenden Fall wird die komplexe Gesetzeslage in der Literatur unterschiedlich interpretiert, einschlägige Rechtsprechung fehlt. Unter diesen Umständen scheint die Rechtsauffassung des Beklagten, zusätzlich zu seinen Kerntätigkeiten als Maler und Anstreicher, die Sammlung von Bauschutt auch ohne Bewilligung nach dem AWG anbieten zu dürfen, vertretbar.

Unsere Meinung dazu

Die Säuberungswut mancher Marktteilnehmer bzw. vorgeschobener Vereine ist pathetisch. Auch wenn in diesem Fall die Rechtslage kompliziert ist, sollte einem bereits der Hausverstand sagen, dass ein Werkunternehmer seinen Müll und den Müll Dritter, der in Zusammenhang mit der Erbringung seiner Werkleistungen anfällt, entsorgen darf. Es steht auch so im Gesetz und in den Materialien. Dass die Unterinstanzen das nicht erkannt haben und der OGH zur Klarstellung der Rechtlage ausrücken musste, ist peinlich. Unterm Strich eine richtige und richtungsweisende Entscheidung des OGH, die hoffentlich dazu führt, das Unwesen der geschützten Werkstätten einzudämmen. Für den Werkbesteller wäre es auch kaum finanzierbar, wenn er für jeden Handgriff auf der Baustelle einen eigenen (konzessionierten) Handwerker bräuchte.