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Zusammenstoß Rad und Fußgänger

Zusammenstoß Rad und Fußgänger

OGH vom 21.03.2023, 2 Ob 38/23m:
Am 5. 9. 2020 ereignete sich in Wien 21 auf dem 3,5 Meter breiten „Rundumadum“-Weg (beim Marchfeldkanal) ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fahrradfahrer und die damals 11-jährige Beklagte als Fußgängerin beteiligt waren.

Der geschotterte und von Bäumen bzw Büschen begrenzte Weg ist nicht als Geh- und Radweg iSd § 2 Abs 1 Z 11a StVO gekennzeichnet. Der Eigentümer des Privatwegs hat durch eine entsprechende Beschilderung die gemeinsame und gleichrangige Benutzung des Wegs durch Fußgänger und Radfahrer gestattet und bei der Einmündung einer öffentlichen Straße zum Weg auf die Geltung der StVO verwiesen.

Ein Geh- und Radweg (§ 2 Abs 1 Z 11a StVO) dient der gemeinsamen Nutzung durch Fußgänger und Radfahrer (vgl § 52 Z 17a, § 68 Abs 1 StVO). Da ein Geh- und Radweg – im Gegensatz zu einer Fahrbahn oder einer Nebenfahrbahn – somit nicht dem gesamten Fahrzeugverkehr offensteht, ist ein Geh- und Radweg kein Teil der Fahrbahn (vgl VfGH V22/2019).

Die vom Kläger zu plötzlichen Richtungsänderungen von überholten Fahrzeugen herangezogene Rechtsprechung ist für den Anlassfall nicht einschlägig, weil sich die entsprechenden Entscheidungen auf Normen beziehen (§ 11 Abs 2 StVO, § 15 Abs 3 StVO), die hier nicht anwendbar sind.

Das Verhalten der Beklagten kann auch abseits der erörterten Regeln der StVO mit Blick auf die potentielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht als rechtswidrig qualifiziert werden.

Wohl gibt es eine allgemeine Rechtspflicht, niemand in seiner Sicherheit zu gefährden. Aus dieser Pflicht, die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum eines anderen nicht zu gefährden, werden Sorgfaltspflichten und Verkehrssicherungspflichten abgeleitet.
Daraus ist für den Kläger im Anlassfall nichts zu gewinnen. Nach der Rechtsprechung hat ein Radfahrer, der sich einem Fußgänger in gefährlicher Weise nähert, die Kontaktaufnahme mit diesem durch die Abgabe eines Warnzeichens nach § 22 StVO herzustellen (vgl. auch § 68 Abs. 1 Satz 5 StVO). Mit Blick auf § 3 StVO hat die Beklagte nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts im konkreten Anlassfall mangels Warnzeichens (und sonstiger Erkennbarkeit des von hinten herannahenden Fahrrads) darauf vertrauen dürfen, dass kein Radfahrer naht und durch ihren Schritt nach links gefährdet werden könnte.

Unsere Meinung dazu

Alle die meinen Blog zum Überholen von Mountain-Bikes gelesen haben, wird diese Entscheidung nicht überraschen. Wer sich von hinten annähert und überholen oder vorbeifahren will (egal ob an Fußgängern oder Radfahrern), muss auf sich aufmerkasem machen. Tut er/sie das nicht, darf der vorausgehende oder -fahrende darauf vertrauen, dass niemend von hinten kommt. Insofern muss er/sie auch nicht äußerst rechts gehen oder fahren. Konsistente Judikaturlinie, die keiner Kritik bedarf.