Urheberrecht und Wandkalender

Ferdinand Bachinger
Admin | 16. April 2023
OGH vom 28.02.2023, 4 Ob 244/22v:
Die Klägerin besitzt eine Gewerbeberechtigung als Werbungsvertreterin und stellt ausschließlich sogenannte Gemeindekalender her. Dabei handelt es sich um Wandkalender, die die Klägerin auf eigene Kosten produziert und Dritten zur kostenlosen Verteilung in einer Gemeinde als Werbegeschenk zur Verfügung stellt. Ihre Einnahmen generiert die Klägerin durch die Inserate lokaler Unternehmer in den Kalendern.
Für die Jahre 2017 bis 2020 produzierte die Klägerin die Gemeindekalender für jenen Ort, in dem der Beklagte Fraktionsführer einer der im Gemeinderat vertretenen Parteien ist. Die Ortsgruppe dieser Partei zahlte der Klägerin für die Kalender (nur) eine Lieferpauschale und verteilte die Kalender gratis an Haushalte im Ort.
Ab 2021 ließ die Ortspartei Gemeindekalender im annähernd gleichen Format ohne Befassung der Klägerin von einem anderen Unternehmen drucken und finanzierte die Druckkosten ebenfalls über Inserate, teils derselben Unternehmen.
Das Urheberrecht schützt nur individuell eigenartige Leistungen, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abheben. Die Schöpfung muss zu einem individuellen und originellen Ergebnis geführt haben. Beim Werkschaffenden müssen persönliche Züge – insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung – zur Geltung kommen. Dem Allerweltserzeugnis, der rein handwerklichen Leistung, die jedermann mit durchschnittlichen Fähigkeiten ebenso zustande bringen würde, fehlt die erforderliche Individualität.
Bloße Ideen oder Anregungen begründen keinen Anspruch aus einem Miturheberrecht. Die Verwertung der Geschäftsideen der Klägerin, einen Kalender herzustellen, dessen Zielgruppe die Einwohner einer bestimmten Gemeinde sind, sowie die Druckkosten für dieses Werbegeschenk durch Inserate zu decken, kann keine Ansprüche nach UrhG begründen.
Das UWG dient nicht dazu, dem ersten Anbieter „Gebietsschutz“ vor später in den Markt eintretender Konkurrenz zu bieten. Nicht Wettbewerb an sich, sondern nur unlauterer Wettbewerb soll hintangehalten werden.
Unsere Meinung dazu
Keine Einwände. Einen Wandkalender mit pinschigen Inseraten unter Urheberrechtsschutz zu stellen und/oder Dritten die Herstellung und den Vertrieb ähnlicher Produkte als sittenwidrigen Wettbewerbsverstoß zu untersagen, würde viel zu weit gehen und die Grundprinzipien des Urheber- und Wettbewerbsrechts konterkarieren. Es soll nicht der Wettbewerb, sondern nur der unlautere Wettbewerb verhindert werden. Bloße Geschäftsideen sind nicht schutzfähig. Das waren sie nie und sollen es auch nicht werden.