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Zum Gewährleistungsverzicht

Zum Gewährleistungsverzicht

OGH vom 21.03.2024, 2 Ob 243/23h:
Der Beklagte verkaufte und übergab dem Kläger im September 2020 ein gebrauchtes Wohnmobil, wobei die Streitteile einen Gewährleistungsausschluss (mit nicht näher feststellbarem Inhalt) vereinbarten. Der Beklagte übergab dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags ein Gutachten nach § 57a Abs 4 KFG vom Juni 2020 und teilte ihm mit, dass er eine Unterbodenversiegelung mittels Nanobeschichtung anbringen habe lassen. Der Kläger führte vor dem Kauf eine Probefahrt durch, wobei er keinen Modergeruch wahrnahm. Nachdem der Kläger 3.000 km mit dem Wohnmobil gefahren war, verkaufte er das Wohnmobil im Dezember 2020 an eine Drittkäuferin weiter, die das Fahrzeug im Februar 2021 übergeben erhielt. Bei Übergabe an die Drittkäuferin im Februar 2021 war der gesamte Fußbodenaufbau des Wohnmobils so vermorscht, dass das Fahrzeug nicht mehr verkehrs- und betriebssicher war. Der Schaden am Unterboden des Wohnmobils resultiert aus einer permanenten Feuchtigkeit im Inneren des Bodens, er hat sich über einen Zeitraum entwickelt, der jedenfalls vor der (ersten) Übergabe im September 2020 begonnen hat. Die undichten Stellen im Wohnmobil und der beginnende Feuchtigkeitsschaden im Heckbereich waren bereits im September 2020 vorhanden. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, ob die Durchmorschung des Bodens im September 2020 bereits so weit fortgeschritten war, dass die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeugs nicht mehr gegeben war.

Der Kläger wurde in einem Vorprozess zur Zahlung von 11.573,92 EUR an erforderlichen Reparaturkosten an die Drittkäuferin verurteilt.

Das Berufungsgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung dieser Reparaturkosten aus dem Titel der Gewährleistung. Der Beklagte habe dem Kläger die Verkehrs- und Betriebssicherheit zumindest im Hinblick auf den Zustand der Bodenplatte zugesichert, sodass der Gewährleistungsverzicht nicht greife. Die Bodenplatte sei im Zeitpunkt der Übergabe im September 2020 bereits so mangelhaft gewesen, dass ihr Zustand „doch in kürzester Zeit“ die Verkehrs- und Betriebssicherheit ausgeschlossen habe.

Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zu, dass nach § 924 ABGB doch nur vom Vorliegen eines Mangels, der vom Gewährleistungsausschluss umfasst sei, im Zeitpunkt der Übergabe auszugehen sein könnte.

Die Revision des Beklagten ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Die Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsverzichts ist grundsätzlich durch Auslegung im Einzelfall (§§ 914 f ABGB) nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs zu ermitteln. Dabei ist nicht nur am Wortlaut der Vereinbarung zu haften, sondern es sind auch alle ihren Abschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Im Zweifel sind Verzichtserklärungen restriktiv auszulegen. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung erstreckt sich deshalb ein vertraglicher Gewährleistungsverzicht (unter anderem) nicht auf das Fehlen – auch bloß schlüssig – zugesicherter Eigenschaften. Bei Kauf eines Gebrauchtwagens gilt im Allgemeinen die Fahrbereitschaft sowie die Verkehrs- und Betriebssicherheit als vereinbart.

Nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls kann beurteilt werden, ob eine (schlüssige) Zusage vorliegt oder nicht, weshalb insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO grundsätzlich nicht gegeben sind. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht, das von einer Zusicherung der Verkehrs und Betriebssicherheit zumindest im Hinblick auf den Zustand der Bodenplatte ausgegangen ist, zeigt der Beklagte in der Revision nicht auf.

Eine Leistung ist nur dann mangelhaft im Sinn des § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, das heißt dem Vertragsinhalt, zurückbleibt. Die Beweislast dafür, dass die übergebene Sache überhaupt mangelhaft ist, trägt der Übernehmer der Sache. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe. Nach der Rechtsprechung genügt es aber gerade bei geheimen Mängeln, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent, also seiner Anlage nach, vorhanden war.

Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt es auf Basis der getroffenen Feststellungen keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar, wenn das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, der vom Gewährleistungsausschluss nicht erfasste Mangel der Verkehrs- und Betriebssicherheit (im Zusammenhang mit der Bodenplatte) sei bereits im Zeitpunkt der Übergabe im September 2020 angelegt gewesen. Entscheidungsrelevante Beweislastfragen sind damit nicht zu beantworten.

Wieso auf dieser Grundlage die zur Behebung des massiven Schadens im Bereich der Bodenplatte erforderlichen Reparaturkosten bloß einen Mangelfolgeschaden betreffen sollten, legt der Beklagte in der Revision nicht nachvollziehbar dar.

Unsere Meinung dazu

Augen auf beim Gebrauchtwagenkauf - das gilt auch für den Verkäufer. Wenn ein gebrauchtes Fahrzeug Mängel oder Alterserscheinungen aufweist, dann muss man das dem Käufer auch sagen und vorsorglich in den Kaufvertrag als bedungene Eigenschaft(en) aufnehmen. Tut man das nicht, kann es - auch nach Jahren - ein böses Erwachen geben. Selbst wenn man in der Werkstatt noch ein "Pickerl" bekommen hat, muss man dennoch dafür haften, dass das Fahrzeug auch tatsächlich Verkehrs- und Betriebssicher ist.