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Zur Schlepperei gemäß § 114 FPG

Zur Schlepperei gemäß § 114 FPG

OGH vom 22.06.2023, 12 Os 43/23z:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde I* des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Ziff. 2 und 3, Abs. 4 erster Fall FPG (Anm. Fremdenpolizeigesetz) schuldig erkannt.

Danach hat er am 30. September 2022 in K* und an anderen Orten des österreichischen Bundesgebiets im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 [erster Fall] StGB) und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung zumindest bestehend aus ihm, noch unbekannten Auftraggebern, eines weiteren Schleppers in einem Begleitfahrzeug und weiteren Fußschleppern, die rechtswidrige Einreise [und Durchreise] in Bezug auf mindestens drei Fremde, nämlich 25 syrische Staatsangehörige, die allesamt über keine gültigen Einreise- und Aufenthaltsdokumente für den EU- und Schengenraum verfügten, in sowie durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, und zwar die Republiken Österreich, Slowakei und Ungarn, mit dem Vorsatz, sich [und Dritte] durch ein ihm dafür geleistetes Entgelt von 500 Euro [sowie ein der Schleppervereinigung dafür geleistetes Entgelt von 2.000 bis 8.000 Euro pro Fremdem] zu bereichern, gefördert, indem er die Fremden von einem Waldstück in der Nähe der serbisch-ungarischen Grenze mit einem ihm zur Verfügung gestellten Fahrzeug aufnahm und bis nach Österreich transportierte, wobei er die Tat auf eine Art und Weise beging, dass die Fremden längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden, nämlich dadurch, dass er sie trotz großer Hitze und Angstzuständen in einem [fensterlosen und nicht belüftbaren] Laderaum [mit den Maßen 285 x 165 x 190 cm; US 3] zusammenpferchte, sie während der mehrere Stunden dauernden Fahrt nicht verpflegte und ihnen keine Pausen ermöglichte.

Das Erstgericht begründete die Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz mit dem äußeren Tatgeschehen und der „überwiegend“ geständigen Verantwortung des Angeklagten, der einräumte, mangels Erwerbseinkommens der Verlockung erlegen zu sein, „in kurzer Zeit“ 500 Euro zu verdienen, und bereits vor Fahrtantritt mit einer Geldstrafe im Fall der Entdeckung rechnete. Dass diese Erwägungen den Kriterien logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprächen, vermag die Mängelrüge mit der unsubstantiierten Behauptung einer Scheinbegründung und eines „Standardbeispiel[s] einer offenbar unzureichenden Begründung“ nicht aufzuzeigen.

Es ist allein aus Gründen der Vollständigkeit festzuhalten, dass § 114 Abs. 1 FPG – nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut – einen erweiterten Vorsatz normiert. Mit der von der Beschwerde angesprochenen Formulierung („durch ein dafür geleistetes Entgelt“) bringt das Gesetz lediglich das Erfordernis eines ursächlichen Zusammenhangs der intendierten Entgeltleistung mit der Tathandlung zum Ausdruck. Dass der Gesetzgeber darüber hinaus auch eine zeitliche Komponente in dem Sinne normieren wollte, dass die Entgeltleistung der Tathandlung vorausgehen und insoweit tatsächlich erfolgen müsse, ist den Materialien gerade nicht zu entnehmen (vgl ErläutRV 952 BlgNR 22. GP 111). Die gegenteilige Ansicht würde im Widerspruch zu dieser Gesetzesauslegung dazu führen, dass eine im Tatzeitpunkt bereits erfolgte Entgeltleistung objektives Tatbestandsmerkmal wäre. Zur Behauptung der Sanktionsrüge (Ziff. 11 zweiter Fall), mangels tatsächlicher Leistung des Entgelts an den Angeklagten sei die Tat bloß versucht worden, ist auf die Erledigung der (im Übrigen zu diesem Vorbringen im Widerspruch stehenden) Rechtsrüge zu verweisen. Die aggravierende Wertung des Zusammentreffens mehrerer Qualifikationen des § 114 FPG und der großen Anzahl geschleppter Personen verstößt der weiteren Sanktionsrüge zuwider nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, wird hier doch der Strafrahmen durch die Qualifikation des § 114 Abs. 4 erster Fall FPG bestimmt und ist der Tatbestand des § 114 Abs. 3 Ziff. 2 FPG im Übrigen bereits mit der Schleppung von drei Personen erfüllt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Unsere Meinung dazu

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man sich der Schlepperei nur dann schuldig macht, wenn man Geld dafür nimmt. Es reicht vollkommen aus, dass der Schlepper nur beabsichtigt, sich durch seine Handlungen zu bereichern. Das ist auch sachgerecht, da es im Strafrecht in der Regel ausreicht, einen entsprechenden Vorsatz zu haben. Der tatsächliche Erfolg, also der Zufluss des Schlepperlohns, ist nicht Voraussetzung für ein tatbestandliches Handeln.