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Ersitzung Wegerecht an Forststraße

Ersitzung Wegerecht an Forststraße

OGH vom 17.5.2023, 6 Ob 59/23d:
Der Kläger hat seit dem Jahr 1987 zur Erreichung seiner Berghütte mit seinem PKW ausschließlich jenen Verbindungsweg benutzt, dessen eines Teilstück über drei Grundstücke der Beklagten führt. Sowohl dem Rechtsvorgänger der Beklagten (deren Vater) als auch der Beklagten war bzw. ist dies bekannt (gewesen), ohne dass dem Kläger das Befahren bis Sommer 2019 untersagt worden wäre.

Die Vorinstanzen gelangten zu dem Ergebnis, bis dahin habe der Kläger davon ausgehen können, dass er das über die Grundstücke der Beklagten führende Teilstück des Wegs berechtigterweise benutzen durfte, und gaben dem Begehren des Klägers auf Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung einer diesbezüglichen Dienstbarkeit ob der drei Grundstücke der Beklagten statt.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs werden andere Rechte als das von § 33 Abs. 1 ForstG 1975 eingeräumte Benützungsrecht des Waldes zu Erholungszwecken, also etwa die Dienstbarkeit des Wegerechts an Waldgrundstücken, vom Ersitzungsverbot des § 33 Abs. 5 ForstG nicht erfasst.
Im Übrigen ist mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu entnehmen, dass die Ersitzung von (auch) auf Forststraßen verlaufender Wegerechte grundsätzlich möglich ist.

Im gegenständlichen Verfahren ist nicht strittig, dass die Benützung des Wegs durch den Kläger mit Zustimmung der aus den betreffenden, den Weg erhaltenden Grundeigentümern bestehenden „Weginteressentenschaft“ erfolgte. Nach den Feststellungen hat der Kläger von der Beklagten auch einen Schlüssel für den abschließbaren Schranken bekommen.

Nach den Feststellungen gibt es mit dem Kläger keine (ausdrücklichen) Vereinbarungen betreffend die Benützung des Wegs. Die Frage, ob die vom Kläger bis zum Jahr 2004 an die Wegeinteressentenschaft geleisteten Zahlungen eine Vertragsbeziehung zwischen den Streitteilen begründen könnte, die eine Ersitzung ausschließen würde, war bereits Gegenstand eines zwischen den Streitteilen geführten Vorverfahrens. Dort hat der Oberste Gerichtshof bei nahezu identen Feststellungen die Ansicht der Vorinstanzen gebilligt, aus diesen Zahlungen sei keine konkludente Zustimmung zu einer (Einzel-)Vereinbarung mit der (dortigen) Klägerin (und hier Beklagten) abzuleiten, weil die Zahlungen nur die Bereitschaft des (dort) Beklagten (und hier Klägers) zum Ausdruck bringen würden, als Nutzer der (gesamten) Wegeanlage etwas zu deren Erhaltung beizutragen.

Das Berufungsgericht gelangte im vorliegenden Verfahren ebenfalls zu dieser Auffassung. Zugkräftige Argumente, weshalb die hier zusätzlich getroffene Feststellung, wonach der Kläger über Aufforderung des Kassiers der Wegeinteressentenschaft im Jahr 2020 eine Nachzahlung für die Jahre 2005 bis 2020 bezahlte, eine abweichende Beurteilung erfordere, legt die Revision nicht dar. Da die Beurteilung stillschweigender Erklärungen iSd § 863 ABGB regelmäßig einzelfallbezogen ist, wird somit auch im gegenständlichen Verfahren mit dem Revisionsvorbringen, richtigerweise handle es sich doch um Entgelt für die Wegenutzung (der Klägerin), keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt. Auf dieser Grundlage begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht davon ausging, ein Fall der bloß obligatorischen Gebrauchsüberlassung, der die Redlichkeit des Klägers ausschließe, sei nicht gegeben.

Unsere Meinung dazu

Das Forstgesetz (ForstG) sieht vor, dass durch die Benutzung eines Waldes zu Erholungszwecken keine Ersitzung eintritt. Dies bedeutet aber nicht, dass Rechte an Wäldern überhaupt nicht ersessen werden können. Dementsprechend können auch an Forststraßen Wegerechte ersessen werden, sofern nur die Dauer der unwidersprochenen Benützung lang genug war. Eine Ersitzung wäre nur dann ausgeschlossen, wenn es hinsichtlich der Benützung der Forststraße eine Vereinbarung wie etwa einen Miet- oder Pachtvertrag gäbe. Die bloße Beteiligung an den Erhaltungskosten einer Forststraße stellt aber keine derartige Vereinbarung dar. Die vorliegende Entscheidung des OGH ist zutreffend, da nicht einzusehen wäre, warum der Wald als Fläche oder Forststraßen gegenüber anderen Lebensräumen privilegiert werden sollten.