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Detektivkosten

Ersatz von Detektivkosten durch Ehestörer

OGH vom 24.11.2022, 9 Ob 95/22v:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz von Detektivkosten, die ihr zum Nachweis der ehestörenden Beziehung zwischen ihrem Ehegatten und der Beklagten entstanden seien.

Voraussetzung für die Haftung des dritten Ehestörers ist ein von ihm selbst zu vertretendes rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten. Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen bei ihrer Beurteilung nicht abgewichen. Da im vorliegenden Fall zugrunde gelegenen Sachverhalt – die Detektivkosten durch den von der Klägerin am 13.11.2020 erteilten Auftrag verursacht wurden, es zu einem ehewidrigem Verhalten der Beklagten aber erstmals danach (23. und 24.11.2020) gekommen war, beruhte der Überwachungsauftrag der Klägerin und dessen Kosten nicht auf einem durch einen Verhaltensverstoß seitens der Beklagten ausgelösten Informationsinteresse der Klägerin. Auch ohne den späteren Sexualkontakt zwischen der Beklagten und dem Ehegatten der Klägerin (im vorliegenden Fall Umarmungen und Küsse auf die Lippen) wären die Detektivkosten aufgelaufen.

Richtig ist, dass ein frühzeitiger Beginn der Beobachtungen dem Auftraggeber aus dem Gesichtspunkt verletzter Schadensminderungspflicht dann nicht zur Last gelegt werden kann, wenn seine Veranlassung nicht von vornherein aussichtslos oder erkennbar unzweckmäßig war und im betreffenden Beobachtungszeitraum ein positives Ergebnis erzielt werden konnte. Die Vorinstanzen haben das Schadenersatzbegehren der Klägerin aber nicht deshalb abgewiesen, weil sie den Überwachungsauftrag zu früh erteilt hätte, sondern weil die Beklagte keinen Anlass für den Auftrag gegeben hatte.

Aber auch für die Kosten, die der Klägerin durch die Überwachung ab dem 23.11.2020 entstanden sind, haben die Vorinstanzen vertretbar eine Haftung der Beklagten im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung für die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte rechtswidrig in das Rechtsgut der Ehe eingegriffen habe, verneint. Die Beklagte durfte aufgrund der konkreten Umstände des Falls auf die Angaben des Ehegatten der Klägerin, die Ehe bestünde nur mehr auf dem Papier, auch vertrauen und davon ausgehen, dass die Ehe zwischen der Klägerin und ihrem Ehegatten zum Zeitpunkt, als sie erstmals ein ehewidriges Verhalten setzte, unheilbar zerrüttet war. Eine unheilbare Zerrüttung der Ehe legte die Klägerin im Übrigen auch ihrer am 26.11.2020 eingebrachten Scheidungsklage zugrunde. Das Verhalten der Beklagten war daher nicht rechtswidrig. Gemessen am Verhalten eines wertverbundenen Durchschnittsmenschen hat sie den von § 1297 ABGB geforderten objektiven Sorgfaltsmaßstab nicht verletzt.

Unsere Meinung dazu

Leider wird im Rechtsinformationssystem des Bundes die Beweiswürdigung der ersten und zweiten Instanz, auf die sich die Entscheidung des OGH stützt, nicht veröffentlicht. Dem OGH zufolge hat das Erstgericht festgestellt, dass der untreue Ehegatte der Ehestörerin erzählt habe, dass seine Ehe nur mehr auf dem Papier bestehe und die Ehe unheilbar zerrüttet sei. Die Ehestörerin habe sich auf diese Aussage verlassen dürfen und daher kein Verschulden zu vertreten (§ 1297 ABGB). Diese Feststellung hat ein Richter aufgrund der Aussagen der Beteiligten getroffen und dem untreuen Ehegatten und der Ehestörerin offenbar Glauben geschenkt.

So ganz nachvollziehbar ist das nicht. Dass es sich bei der Verantwortung der Ehebrecher um eine Ausrede bzw. Schutzbehauptung handelt, liegt auf der Hand. Was sollen sie auch sonst behaupten? Ein untreuer Mann behauptet, seine Ehe gebe nur noch auf dem Papier und das darf man ungeprüft glauben? Ohne irgendwelche zusätzlichen Hinweise (z.B. getrennte Wohnungen, aufgelöste Wirtschaftsgemeinschaft, laufendes Scheidungsverfahren, etc.)? Wohl kaum. Bloße Behauptungen Dritter schließen die eigene Verantwortlichkeit in der Regel gerade nicht aus.
Wenn etwa ein Architekt gegenüber dem Baumeister behauptet, dass sein Plan makellos sei, darf sich der Baumeister darauf verlassen? Die Judikatur sagt nein. Der Baumeister darf einen Architektenplan nicht ungeprüft umsetzen. Wenn das Gewerk am Ende nicht fachgerecht ist, trifft auch den Baumeister ein Verschulden und zwar selbst dann, wenn ihm der Architekt versichert hat, dass der Plan in Ordnung ist. Das sollte auch hier so sein. Die Ehestörerin hat meines Erachtens sehr wohl sorgfaltswidrig gehandelt, indem sie den Aussagen des untreuen Ehegatten „blind geglaubt“ hat. So einfach sollte man nicht davonkommen, auch wenn es "nur" um Detektivkosten geht.