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Produkthaftung bei Mottenbefall

Produkthaftung bei Mottenbefall

OGH vom 12.08.2025, 8 Ob 15/25a:
[1] 1.1. Unter Sachschaden im Sinne des Produkthaftungsgesetzes ist nicht der am Produkt entstandene Schaden zu verstehen, sondern der sogenannte Folgeschaden, den ein Fehler des Produkts an anderen Sachen als dem fehlerhaften Produkt verursacht hat (RS0111170). „Reine“ Vermögensschäden, zu denen auch die Mängelbehebungskosten zählen (RS0111982 [T2]), sind keine nach § 1 PHG ersatzfähige Sachschäden (RS0111982 [T1]; RS0111170 [T1]).

[2] 1.2. Der Entscheidung 2 Ob 162/10b lag ein Produkthaftungsanspruch im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Dachfolie zu Grunde, wobei jedoch lediglich die Dachfolie selbst schadhaft bzw zerstört war; Folgeschäden am Dach oder anderen Gebäudeteilen lagen nicht vor. Der Oberste Gerichtshof verneinte deshalb mangels Schadens an einer vom Produkt verschiedenen Sache einen Ersatzanspruch.

[3] 1.3. Auch zu 6 Ob 94/09f beschränkte sich die Beschädigung der gelieferten Wollisolierung durch Mottenfraß auf Schäden am Produkt selbst.

[4] 1.4. Im gegenständlichen Fall wurde allerdings nicht nur die fehlerhafte Dämmwolle von Motten beschädigt, sondern das gesamte Haus durch den Mottenbefall unbewohnbar. Die endgültige Beseitigung der Motten könnte (aufgrund der Holzkonstruktion im Gebäude) bei Austausch bloß der Dämmwolle nicht garantiert werden, weshalb ein Rückbau bis auf die Grundstruktur des Gebäudes unumgänglich wurde, wodurch „die Wirtschaftlichkeitsschwelle überschritten“ wurde. Dass die Vorinstanzen auf Basis dieses festgestellten Sachverhalts von einer Beschädigung des gesamten Hauses im Sinne eines Totalschadens ausgingen und eine Haftung der Beklagten nach dem PHG bejahten, ist nicht zu beanstanden (vgl RS0071532).

[5] 2. Auch die Schadensberechnung mit dem Bauzeitwert des gesamten zerstörten Gebäudes (abzüglich des Werts des fehlerhaften Produkts und des Selbstbehalts) im Zeitpunkt des Schadenseintritts ist nicht korrekturbedürftig. Dieser Zeitwert beinhaltet – vom Sachverständigen ermittelt – bereits einen Abzug („Alterswertabminderung“) für die technische und wirtschaftliche Wertminderung. Warum eine nochmalige Berücksichtigung eines Abzugs „neu für alt“ erforderlich sein soll, begründet die Revision nicht.

[6] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unsere Meinung dazu

Kleine Ursache, große Wirkung: Der Hersteller von Dämmwolle, die mit Mottenlarven kontaminiert ist, haftet nach dem Produkthaftungsgesetz (PHG) für den Totalschaden an einem Holzhaus, da der Mottenbefall nur durch einen Rückbau des Hauses auf seine Grundstruktur endgültig beseitigt werden kann. Ersetzt werden muss der Bauzeitwert unter Berücksichtigung der Alterswertabminderung. Ein weiterer Abzug „neu für alt“ hat nicht zu erfolgen.
Im Ergebnis ist die Entscheidung des OGH schlüssig und logisch. Egal wie klein die Ursache für einen Totalschaden sein mag, an der Haftung des Herstellers für die Folgeschäden ändert das nichts. Schleißige Produktverarbeitung kann sich rächen...