Zustandekommen Maklervertrag

Ferdinand Bachinger
Admin | 15. Juni 2025
OGH vom 29.04.2025, 9 Ob 65/24k:
[1] Die Klägerin schloss mit der Eigentümerin von Liegenschaftsanteilen einen Alleinvermittlungsauftrag ab. Die Beklagte fand sich nicht auf der von der Verkäuferin erstellten und an die Klägerin übergebenen Auflistung aktueller Interessenten. Die Klägerin bereitete ein Exposé über das Objekt vor und übermittelte dieses an verschiedene, an ihr Unternehmen durch Lizenzverträge gebundene Vermittler. Unter dem Titel „Rechtlicher Hinweis“ fand sich darin folgende Passage: „Bei Abschluss eines Kauf- oder Mietvertrages fallen zusätzliche Kosten an. … Wir informieren sie darüber, dass wir bei diesem Objekt eine Doppelmaklertätigkeit ausüben.“
[2] Einer der durch Lizenzverträge gebundenen Vermittler übermittelte an den Geschäftsführer der Beklagten das Exposé mit Fotos und einer Beschreibung. Unter seinem Namen befand sich auch ein Hinweis auf die Klägerin. Der Lizenznehmer war zuvor schon öfter mit der Beklagten in geschäftlichem Kontakt gestanden, insbesondere mit deren Geschäftsführer. Im Allgemeinen schickte er mit seinen Anboten von Kaufobjekten keine Provisionsvereinbarungen mit, weil beide Geschäftspartner in Zusammenhang mit dem jeweiligen Geschäftsfall für den verdienstlichen Vermittlungsfall von einer Provisionspflicht im üblichen Ausmaß von 3 % des Kaufpreises plus USt ausgingen.
[3] Der Geschäftsführer der Beklagten veranlasste ein Antwortschreiben mit folgendem Inhalt: „Sehr geehrter Herr DI V*, wir dürfen uns herzlich für das übermittelte Angebot (...) bedanken, jedoch ist uns diese Liegenschaft bereits seit längerem bekannt, es wurde uns direkt vom Eigentümer angeboten. Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleiben wir mit freundlichen Grüßen“.
[4] Trotz ihres Antwortschreibens kam bei der Beklagten aufgrund des übermittelten Exposés neuerlich ein Interesse an der Liegenschaft auf. Sie wandte sich unmittelbar an die Liegenschaftseigentümerin. Am 17. 6. 2019 legte die Beklagte direkt an die Verkäuferin ein Kaufangebot. Am 28. 6. 2019 wurde ein Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 3,6 Mio EUR netto abgeschlossen, wobei als Käuferin eine von der Beklagten namhaft gemachte Gesellschaft fungierte.
[5] Die Klägerin begehrte 129.600 EUR an Maklerprovision. Sie sei durch die Zusendung des Exposés an den Geschäftsführer der Beklagten durch einen im Namen der Klägerin auftretenden Lizenznehmer verdienstlich geworden. Eine Provisionsvereinbarung sei zumindest konkludent zustande gekommen. Es habe zwar im April 2018 einen Informationsaustausch zwischen der Verkäuferin und dem Geschäftsführer der Beklagten bezüglich des Kaufobjekts gegeben, doch seien diese Verhandlungen im Juni 2018 gescheitert. Durch das von der Klägerin übermittelte Exposé sei das Interesse der Beklagten an der Liegenschaft wieder aufgekommen. Ihr stehe daher eine Provision von 3 % des Kaufpreises zu.
[6] Die Beklagte bestreitet. Sie sei mit der Klägerin in keiner Geschäftsverbindung gestanden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe persönlich mittels sogenannter Blindanfrage durch den selbständigen Franchisepartner der Klägerin, DI V*, ungefragt und ohne Veranlassung ein Exposé übermittelt bekommen. Die Beklagte habe sofort reagiert und darauf hingewiesen, dass ihr die Liegenschaft bereits von der Eigentümerin direkt angeboten worden sei. Das habe nur als Ablehnung einer Provisionszahlung verstanden werden können. Die Klägerin habe sich jedenfalls in keiner Weise nutzbringend eingebracht, zumal die Beklagte mit der Eigentümerin ohnedies in Verhandlungen gestanden sei und die Klägerin das Objekt zu einem deutlich höheren Kaufpreis als bereits bekannt im Exposé angeboten habe, weshalb ein allfälliger Provisionsanspruch auf Null zu mindern sei.
[7] Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Lizenznehmer sei namens der Klägerin aufgetreten, weshalb diese zur Geltendmachung der Provision aktivlegitimiert sei. Der Vermittlungsauftrag sei konkludent durch Duldung und nutzbringendes Bedienen zur Erfolgsherbeiführung zu den üblichen Bedingungen zustande gekommen. Die Übermittlung des Exposés habe das Interesse der Beklagten an der Liegenschaft neuerlich geweckt, worin eine adäquate Verdienstlichkeit liege.
[8] Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten nicht Folge. Der Provisionsanspruch des Maklers setze einen zumindest schlüssig erteilten Vermittlungsauftrag voraus. In Fällen, in denen der Makler bereits mit der Namhaftmachung des Geschäftspartners seine verdienstliche Tätigkeit erbracht habe und sich der Interessent dieser nutzbringend bediene, könne der Interessent das Zustandekommen eines konkludenten Vertrags nicht durch einen vorab erklärten Widerspruch verhindern. Die Klägerin habe zwar keinen neuen, potentiellen Vertragspartner vorgeschlagen, jedoch habe sie die Beklagte über ein noch immer auf dem Markt befindliches Verkaufsobjekt informiert, was rund drei Monate später zum Abschluss des Kaufvertrags geführt habe. Es sei daher von einer adäquaten Verdienstlichkeit auszugehen. Der zunächst erhobene Widerspruch werde im vorliegenden Fall durch das darauffolgende Verhalten der Wiederaufnahme der (direkten) Vertragsverhandlungen und den Abschluss des vom Makler angebotenen und vom Interessenten gewünschten Geschäfts unbeachtlich.
[9] Aus dem übermittelten Exposé sei für den Geschäftsführer der Beklagten auch klar erkennbar zum Ausdruck gebracht worden, dass der Lizenznehmer namens der Klägerin auftrete.
[10] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage zugelassen, ob ein Widerspruch gegen die mit Namhaftmachung des Geschäftspartners bereits erbrachte verdienstliche Tätigkeit des Maklers durch das darauffolgende Verhalten des Interessenten, der sich dieser Tätigkeit nutzbringend bediene und das Objekt erwerbe, unbeachtlich werde und ein konkludenter Vermittlungsauftrag zustandekomme.
[11] Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.
[12] Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
[13] Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[14] 1. Nach § 6 Abs 1 MaklerG ist der Auftraggeber zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit des Maklers mit einem Dritten zustande kommt. Voraussetzung für einen Provisionsanspruch ist daher zunächst ein allenfalls auch nur schlüssig zustandegekommener Maklervertrag. Ohne gültigen Abschluss eines Maklervertrags kann ein Provisionsanspruch eines Vermittlers gar nicht entstehen (RS0062685 [T14]; vgl auch RS0063026). Zweifel, ob eine schlüssige Auftragserteilung erfolgt ist, gehen stets zulasten des Maklers, der für das Zustandekommen des Vermittlungsauftrags beweispflichtig ist (RS0062658 [T5]).
[15] 2. Die Vorinstanzen sind von einem konkludenten Vertragsabschluss ausgegangen.
[16] Maklerverträge können nach ständiger Rechtsprechung auch konkludent zustandekommen (RS0062685 [T6]; RS0062234 [T6]). Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB einen strengen Maßstab an (RS0014146). Bei der Beurteilung von Handlungen auf ihren konkludenten Aussagegehalt ist zu bedenken, dass dieser im Sinne des § 863 ABGB eindeutig in eine bestimmte Richtung weisen muss und kein vernünftiger Grund übrig sein darf, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt (RS0014150).
[17] So kann ein Vermittlungsauftrag dadurch zustandekommen, dass der Interessent die Vermittlung duldet oder sich der Tätigkeit des Vermittlers nutzbringend bedient, um den von ihm gewünschten Geschäftserfolg herbeizuführen (RS0062685). Für das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrags ist nach der Judikatur erforderlich, dass der Interessent die vom Makler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht (RS0062685 [T10]; vgl auch zuletzt 4 Ob 182/23b; 9 Ob 86/21v; 6 Ob 129/20v). [18] 3. Auch die Literatur geht davon aus, dass ein ausdrücklicher Widerspruch das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrags verhindert (Humpel/Michtner in Illedits, Wohnrecht4 § 1 MaklerG, Rz 13; Kothbauer, Zum Provisionsanspruch des Maklers (Teil I), immolex 2011, 288; Limberg in GeKo Wohnrecht II2 § 1 MaklerG, Rz 5; Rainer, Immobilienmaklerrecht, Rz 9 f; Noss, Maklerrecht4 Rz 22).
[19] 4. Im vorliegenden Fall hat der Lizenznehmer der Klägerin die Beklagte von einer Verkaufsgelegenheit informiert. Die Beklagte hat darauf umgehend mit dem (den tatsächlichen Umständen entsprechenden) Hinweis geantwortet, dass ihr dieses Objekt bereits bekannt ist. Dies konnte, wovon letztlich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, von einem redlichen Erklärungsempfänger nur dahingehend verstanden werden, dass eine Tätigkeit des Maklers nicht erwünscht ist, also als Ablehnung, einen Maklervertrag abzuschließen, da die Beklagte damit hinreichend deutlich zum Ausdruck brachte, die Dienste der Klägerin nicht in Anspruch nehmen zu wollen.
[20] Auch eine noch so verdienstvolle Vermittlungstätigkeit berechtigt dann nicht zur Forderung einer Provision, wenn sie ohne ausdrücklich oder konkludent erteilten Auftrag entfaltet worden ist (RS0063026).
[21] Insoweit kann der Argumentation der Klägerin, dass ein Widerspruch vor Verdienstlichkeit des Maklers erhoben werden muss, nicht gefolgt werden, hätte es doch sonst der Makler in der Hand, dem Interessenten einen Maklervertrag durch Vorleistung aufzuzwingen, ohne dass dieser die Möglichkeit hätte, einen Vertragsabschluss abzulehnen. Letztlich ist es Sache des Maklers dafür Sorge zu tragen, dass ein Maklervertrag zustandekommt, bevor zu detaillierte Informationen über die Kaufgelegenheit erteilt werden, damit Interessenten nicht durch einen Widerspruch und nachfolgende direkte Verhandlungen mit einem Verkäufer ihre Pflicht zur Zahlung einer Provision umgehen können (vgl Knittl/Holzapfel in Knittl/Holzapfel, Maklerrecht Österreich3 Abschnitt II. Rz 96; Legath, EvBl 2017/72, 501 [505]).
[22] 5. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass durch die spätere Inanspruchnahme der Leistung ein schlüssiger Vertrag zustande gekommen ist, der Widerspruch sei dadurch „unbeachtlich“ geworden. Allerdings führt nach Ablehnung eines Vertragsabschlusses eine geänderte ausdrückliche oder schlüssige Willenserklärung des ursprünglichen Erklärungsempfängers für sich allein zu keinem Vertrag, sondern stellt allenfalls ein neues Anbot auf Abschluss eines Vertrags dar. Weder liegt hier aber eine entsprechende Erklärung der Beklagten gegenüber der Klägerin vor, noch wurde eine solche angenommen.
[23] 6. Weiters ist zu beachten, dass es zwar nicht erforderlich ist, dass der Abschluss eines vermittelten Geschäfts in den Zeitraum des aufrechten Maklervertrags fällt (RS0062800 [T1]). Wesentlich ist aber, dass der Makler seine vertragsgemäße Vermittlungstätigkeit während des Bestehens des Maklervertrags erbracht hat. Eine Tätigkeit vor Abschluss des Maklervertrags entbehrt einer vertraglichen Grundlage und kann den Provisionsanspruch nicht auslösen, auch wenn sie kausal für einen Hauptvertragsabschluss werden sollte (3 Ob 131/16k mwH; 10 Ob 3/17i).
[24] Nach Übermittlung des Exposés, die aufgrund des Widerspruchs der Beklagten zu keinem Vertragsabschluss führte, wurden aber von der Klägerin keine weiteren Leistungen mehr erbracht.
[25] 7. Darauf, ob die Leistung der Klägerin adäquat kausal für den Vertragsabschluss war, kommt es daher letztlich nicht an. Die einzige von der Klägerin erbrachte Leistung war allerdings die „Mitteilung einer Kaufgelegenheit“, die als solche der Beklagten bereits bekannt war. In der Rechtsprechung wurde die Namhaftmachung als verdienstliche Tätigkeit verneint, wenn der Kläger aufgrund Informationen Dritter und eigener Erhebungen Kenntnis von der Kaufgelegenheit und dem Verkäufer hatte (RS0062747 [T6]).
[26] Allerdings wird im Fall eines – hier fehlenden – Abschlusses eines Maklervertrags die verdienstliche Tätigkeit des Immobilienmaklers durch vertragsgemäße, auf den Vertragsabschluss gerichtete Vermittlungstätigkeiten dann anerkannt, wenn zwar dem Auftraggeber die Vertragsgelegenheit schon bekannt war, der Immobilienmakler danach aber durch seine Bemühungen den Abschluss des Geschäfts unterstützte und der Auftraggeber diese Hilfestellung in Anspruch nahm. Erst durch weitere konkrete Vermittlungsbemühungen des Immobilienmaklers – nach Kenntnis des Auftraggebers vom potentiellen Vertragspartner – wird demnach die Verdienstlichkeit begründet (1 Ob 42/12a). Solche liegen aber unstrittig nicht vor. Die Klägerin hat über die Namhaftmachung einer Verkaufsgelegenheit hinaus keine Leistung erbracht.
[27] 8. Die vom Berufungsgericht angenommene Judikaturdifferenz zwischen Rechtssätzen die Entscheidungen versammeln, die das schlüssige Zustandekommen eines Vertrags bei Inanspruchnahme der Leistung des Maklers annehmen (RS0062685) und solchen, die zusätzlich verlangen, dass der Tätigkeit nicht widersprochen wurde (RS0062658, RS0062234), liegt tatsächlich nicht vor, da in keiner der Entscheidungen trotz Widerspruchs ein Vertrag ausdrücklich bejaht wurde.
[28] 9. Die Klägerin verweist in ihrer Revisionsbeantwortung darauf, dass ihr Lizenznehmer „schon öfter mit der Beklagten in geschäftlichem Kontakt gestanden sei“. Daher hätte die Beklagte bereits vor Zusendung des Exposés weiteren Vermittlungstätigkeiten widersprechen müssen, um das konkludente Zustandekommen eines Vermittlungsvertrags verhindern zu können. Dass sie aber von der Beklagten ständig betraut war, behauptet sie selbst nicht, selbst wenn geschäftliche Kontakte bestanden. Derartiges ergibt sich auch aus den Feststellungen nicht.
[29] 10. Da somit kein Maklervertrag zustande gekommen ist, besteht auch kein Anspruch auf Provision. Auf die in der Revision weiter bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin muss nicht weiter eingegangen werden. Auf die in der Berufungsbeantwortung von der Klägerin gerügte Feststellung kommt es nicht an.
[30] Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.
[31] 9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Entscheidung über den vom Berufungsgericht erledigten Kostenrekurs der Beklagten ist durch die abändernde Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos (vgl 2 Ob 223/15f). Der Kostenrekurs ist nicht gesondert zu honorieren.
Unsere Meinung dazu
Diese Entscheidung ist in einem Punkt interessant: Wenn ein (Immobilien)Makler ein Blindangebot an Interessenten versendet, der Interessent dem Abschluss eines Maklervertrages aber widerspricht und das Hauptgeschäft dann doch zustande kommt, steht dem Makler unter Umständen kein Provisionsanspruch zu. Das Blindangebot vor Abschluss eines Maklervertrages stellt mangels aufrechtem Vertrag jedenfalls keine verdienstliche Tätigkeit dar. Es zählen nur solche Tätigkeiten als verdienstlich, die während aufrechtem Maklervertrag erbracht werden. Blindangebote können für Makler daher durchaus gefährlich sein und sollten wohlüberlegt sein.