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Mobiltelefon beim Autofahren

Mobiltelefon beim Autofahren

VwGH vom 26.11.2024, Ra 2024/11/0179:
Mit Bescheid vom 6. März 2024 ordnete die belangte Behörde, nachdem der im ersten Rechtsgang ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 2023 mit auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gestütztem Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 19. Dezember 2023 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen worden war, unter Setzung einer viermonatigen Frist (gerechnet ab der Zustellung des Bescheides) dem Revisionswerber gegenüber eine Nachschulung für verkehrsauffällige Probeführerscheinbesitzer gemäß (u.a.) § 4 Abs. 3 Führerscheingesetz (FSG) an. Weiters wurde auf die Verlängerung der Probezeit um ein Jahr (somit bis zum 18. November 2025) sowie die Verpflichtung, den Führerschein der Behörde zum Zweck der Eintragung der Probezeitverlängerung binnen einer Woche ab Zustellung des Bescheides vorzulegen, hingewiesen.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe ab, dass die viermonatige Frist für die Absolvierung der Nachschulung mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, somit mit der Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses am 16. Juli 2024, beginne. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, der Revisionswerber habe am 4. Oktober 2023 um 15:03 Uhr, während er einen PKW über die M. Brücke bis zu einer näher genannten Adresse in Innsbruck gelenkt habe, mit einem Mobiltelefon hantiert und das Mobiltelefon jedenfalls zum Ablesen der Uhrzeit in der Hand gehalten. Dabei sei er von einem Polizisten von einem Polizeifahrzeug aus, das links an dem von dem Revisionswerber gelenkten PKW vorbeigefahren sei, beobachtet worden. In der Folge sei der Revisionswerber angehalten und von einem Polizisten wegen der Benützung eines Mobiltelefons ohne Freisprecheinrichtung „beanstandet“ worden. Dabei habe sich der Revisionswerber einsichtig gezeigt. Schließlich sei es zur Bezahlung einer Organstrafverfügung gekommen. Der Meldungsleger habe wegen der in Rede stehenden Übertretung des § 102 Abs. 3 fünfter Satz Kraftfahrzeuggesetz 1967 (KFG 1967) eine „Mitteilung gemäß § 4 Abs. 3/§ 4 Abs. 7 FSG“ an die Führerscheinbehörde erstattet.

Gemäß § 4 Abs. 3 iVm. Abs. 6 Z 2a FSG stelle eine Übertretung gemäß § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 einen „schweren Verstoß“ im Sinn der zuletzt genannten Bestimmungen des FSG dar. Da die gegenständliche Organstrafverfügung keine Bindungswirkung entfalte, sei im vorliegenden führerscheinrechtlichen Verfahren durch die Führerscheinbehörde bzw. durch das Verwaltungsgericht eigenständig zu beurteilen, ob der Revisionswerber eine Übertretung gemäß § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 begangen habe.

Im Hinblick auf näher angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 29.8.2023, Ra 2023/11/0101; VwGH 22.11.2023, Ra 2023/02/0175) gelangte das Verwaltungsgericht zur Auffassung, mit Blick auf die in Rede stehende Verwaltungsübertretung bestehe zwischen dem Ablesen der Uhrzeit und dem Ablesen beispielsweise irgendeiner anderen auf dem Handydisplay angezeigten Information kein entscheidungsrelevanter Unterschied. Beides lenke ab. In beiden Fällen liege eine Übertretung gemäß § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 vor. Infolgedessen sei gegenständlich ein „schwerer Verstoß“ gemäß § 4 Abs. 3 iVm. Abs. 6 Z 2a FSG begangen worden, welcher gemäß § 4 Abs. 3 FSG zwingend die Anordnung einer Nachschulung nach sich zu ziehen habe.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 3. Oktober 2024, E 3544/2024-6, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird - unter dem Gesichtspunkt einer Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 29.8.2023, Ra 2023/11/0101) - im Wesentlichen geltend gemacht, das Ablesen der Uhrzeit stelle keine gerätespezifische Verwendung der Funktionen eines Mobiltelefons im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar.

Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 15.1.2024, Ra 2023/11/0120, mwN).

Gemäß § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967, BGBl. Nr. 267 in der Fassung BGBl. I Nr. 90/2023, ist dem Lenker während des Fahrens das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung sowie jegliche andere Verwendung des Mobiltelefons, ausgenommen als Navigationssystem, sofern es im Wageninneren befestigt ist, verboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass die Wortfolge „jegliche andere Verwendung des Mobiltelefons“ nur die mit Inanspruchnahme einer gerätespezifischen Funktion (z.B. Surfen im Internet und Lesen von Push-Nachrichten), außer jener zu Fernsprechzwecken (diese ist bereits unter „Telefonieren“ gemäß § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 zu subsumieren) verbundene Handhabung eines Mobiltelefons erfasst (VwGH 29.8.2023, Ra 2023/11/0101).

Es gelingt der Revision nicht aufzuzeigen, dass die auf Basis des im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalts vorgenommene Beurteilung des Verwaltungsgerichts, gegenständlich sei das Verwenden eines Mobiltelefons zum Ablesen der Uhrzeit als Inanspruchnahme einer gerätespezifischen Funktion im Sinn der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu qualifizieren, mit dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Einklang stünde.

Weshalb im Revisionsfall beim Ablesen der Uhrzeit nicht eine gerätespezifische Funktion des Mobiltelefons, das der Revisionswerber in der Hand gehalten und mit dem er hantiert habe, in Anspruch genommen worden sein sollte, legt die Revision nicht nachvollziehbar dar. In welcher konkreten Weise der Revisionswerber beim Hantieren mit dem Mobiltelefon das Gerät (etwa durch „Drücken einer Taste“ oder „Scrollen“) bediente bzw. bedienen musste, um die Uhrzeit auf dem Telefon abzulesen, ist im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidungsrelevant. Im Übrigen ist schon deshalb, weil der Revisionswerber das Mobiltelefon in der Hand hielt und mit diesem hantierte, die ihm vorgeworfene Tathandlung nicht einem „bloßen Blick auf eine Armbanduhr“ gleichzuhalten.

Soweit die Revision beanstandet, aus dem im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt ergebe sich nicht, dass der (nach der Aktenlage und den Angaben in der Revision am 18. November 2003 geborene) Revisionswerber „Probeführerscheinbesitzer“ sei, genügt es darauf hinzuweisen, dass zum Einen bereits aus dem Spruch des durch das Verwaltungsgericht (mit einer Maßgabeentscheidung) bestätigten Bescheides der belangten Behörde vom 6. März 2024 ohne Zweifel hervorgeht, dass der gegenständliche Verstoß - was im gesamten verwaltungsbehördlichen sowie verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Ansehung der gegenständlichen Anordnung einer Nachschulung gemäß § 4 Abs. 3 iVm. Abs. 6 Z 2a FSG unbestritten blieb und auch in der Revision nicht substantiiert in Abrede gestellt wird - am 4. Oktober 2023 während der Probezeit begangen wurde (vgl. den Hinweis auf die Verlängerung der Probezeit um ein Jahr, d.h. bis zum 18. November 2025). Zum Anderen ist den Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts zu entnehmen, dass eine „Mitteilung gemäß § 4 Abs. 3/§ 4 Abs. 7 FSG“ an die Führerscheinbehörde erstattet wurde (vgl. auch die eigenen Angaben des Revisionswerbers in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Verhandlungsprotokoll S 3, denen zufolge er anlässlich der Amtshandlung den Vorhalt des Polizisten, „in der Probeführerscheinzeit zu sein“, bejaht habe).

Somit gelingt es der Revision auch nicht aufzuzeigen, dass dem Verwaltungsgericht ein relevanter Begründungs- oder Feststellungsmangel unterlaufen wäre.

Da die Revision folglich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Unsere Meinung dazu

Eine interessante und praxisrelevante Entscheidung des VwGH. Das Höchstgericht hat klargestellt, dass das Gesetz keine Ausnahmen zulässt. Es ist jegliche Verwendung und Bedienung bzw. jegliches Hantieren mit dem Handy beim Autofahren verboten, sofern es nicht im Wageninneren befestigt ist und zum Telefonieren mit Freisprecheinrichtung oder als Navigationssystem verwendet wird. Selbst das Ablesen der Uhrzeit vom Handy ist verboten und kann zu einer Maßnahme nach dem Führerscheingesetz (FSG) führen - zum Beispiel zu einer Verlängerung der Probezeit oder zu einer Nachschulung. Sollte man sich merken.