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Folgeschäden durch Einreichplan

Folgeschäden durch Einreichplan

OGH vom 27.11.2024, 3 Ob 169/24k:
[1] Das Erstgericht gab dem auf § 933a ABGB gestützten Begehren auf Ersatz der Kosten für den Abbruch und die Neuerrichtung des Kellers gegen die Erstbeklagte wegen eines Planungsfehlers (falsche Darstellung von drei relevanten Höhenbezugspunkten und daraus resultierende Überschreitung der Kellerhöhe um 50 cm) – abgesehen von einem im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Teilbetrag – statt; das Begehren gegen die zweitbeklagte Bauunternehmerin wies es hingegen ab.

[2] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung
[3] Mit der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt die Erstbeklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[4] 1.1 Entgegen der Ansicht der Erstbeklagten sind die Vorinstanzen nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, insbesondere von der Entscheidung zu 3 Ob 143/20f, abgewichen.

[5] 1.2 In diesem Bezugsfall wurde die dortige Erstbeklagte nach dem klaren Verständnis der Parteien ganz spezifisch nur mit der Einreichung zur Erlangung der Förderzusage und der Einreichplanung zur Erlangung der Baubewilligung beauftragt. Dementsprechend waren die von der dortigen Erstbeklagten erstellten Pläne nur Grundlage für die Erlangung der Wohnbauförderung und der Baubewilligung. Als Ausführungspläne waren sie nicht geeignet, weshalb sie für die Bauausführung nicht verwendet werden durften, was dem dortigen Kläger bewusst war.

[6] Der dortige Kläger begehrte Schadenersatz für Mängel in der Bauausführung. Vor diesem Hintergrund entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Frage, ob das Werk mangelhaft erbracht wurde, nicht losgelöst von dem konkret erteilten Auftrag beurteilt werden könne. Eine Leistung sei nämlich nur dann mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, also der vertraglichen Leistungspflicht zurückbleibe. Bei der Beurteilung der Haftung der dortigen Erstbeklagten dürfte nicht außer Acht gelassen werden, dass diese vom Kläger ausschließlich mit der Erstellung von Plänen zur Erlangung der Förderzusage sowie der Baubewilligung beauftragt worden sei. Wesentlich sei, dass die konkrete (bloße) Einreichplanung keine geeignete Grundlage für die Bauausführung gewesen sei.

[7] In dieser Situation wurde die (Mit-)Haftung der dortigen Erstbeklagten für die aus den Baumängeln resultierenden Schäden des Klägers verneint.

[8] 1.3 Demgegenüber war im hier zu beurteilenden Fall der von der Erstbeklagten erstellte „Einreichplan“ die Grundlage für die Ausführung der Arbeitsleistungen durch die zweitbeklagte Bauunternehmerin, also für die Kellererrichtung, und bezog sich insbesondere auf die eindeutige Darstellung des Höhenbezugs zum Gelände sowie die Berechnung der Gebäudehöhe. Das Berufungsgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass der zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit jenem zu 3 Ob 143/20f vergleichbar sei.

[9] 2.1 Ein Sachmangel besteht nach der Rechtsprechung in einer qualitativen oder quantitativen Abweichung der Leistung vom vertraglich Geschuldeten (8 Ob 57/14m; 3 Ob 22/22i). Beim Werkvertrag liegt ein Mangel im Fall einer Abweichung von einem vorgegebenen oder im Vertrag spezifizierten Leistungsmerkmal oder bei einer Fehl- oder Minderleistung aus einem anderen Grund in der Sphäre des Unternehmers vor (8 Ob 19/12w; 4 Ob 114/19x). Ob ein Mangel besteht, richtet sich nach dem konkreten Vertragsinhalt, der durch Auslegung zu ermitteln ist. Entgegen der Ansicht der Erstbeklagten kommt es demgegenüber nicht bloß auf die gewählte Bezeichnung des Vertrags an.

[10] 2.2 Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Dementsprechend ist die Beurteilung, dass der von der Erstbeklagten erstellte Einreichplan in einem wesentlichen Bestandteil falsch sei und der Erstbeklagten nicht ein Baumangel einer Baufirma zugerechnet werde, sondern diese dafür hafte, dass sie die Höhenbezugspunkte unrichtig dargestellt habe, nicht korrekturbedürftig. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Überschreitung der zulässigen Bauhöhe – bei fehlerfreier Beurteilung durch die Baubehörde – der Erteilung der Baubewilligung grundsätzlich entgegensteht, weshalb die richtige Darstellung des Höhenbezugs zum Gelände und die richtige Ermittlung der Gebäudehöhe auch nach allgemeinem Verständnis zum Inhalt eines Einreichplans gehört.

[11] 3. Mit den nur ihren Standpunkt wiederholenden Ausführungen zum Mitverschuldenseinwand gegenüber dem Kläger sowie zur Mithaftung der Zweitbeklagten ignoriert die Erstbeklagte die Feststellungen, dass für die Errichtung des Kellers keine gesonderte Ausführungsplanung erforderlich war und der von der Zweitbeklagten zu vertretende Baufehler im weiteren Bauablauf ohne Änderung der Geschosshöhe (Kellerhöhe) hätte ausgeglichen werden können.

[12] 4. Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Unsere Meinung dazu

Ziemlich bitter für den Planverfasser bzw. dessen Betriebshaftpflichtversicherung. In diesem Fall hat der Planverfasser insgesamt drei Höhenbezugspunkte falsch dargestellt und dadurch allein zu verantworten, dass ein Keller um 50cm zu hoch ausgeführt worden ist. Die Baufirma ist ungeschoren davongekommen, und zwar zu Recht. Der Bauausführende kann die Richtigkeit der Höhenbezugspunkte nicht beurteilen und muss sich darauf verlassen. Der Mangelfolgeschaden besteht in den Kosten für den Abriss und die Neuerrichtung des Kellergeschoßes. Das kann kostspielig sein, ändert aber nichts an der Richtigkeit der Entscheidung.