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Mangelschaden

Haftungsausschluss für Mangelschäden

OGH vom 25.01.2023, 7 Ob 166/22w:
Die Klägerin betreibt drei Gewächshäuser und ist auf Tomatenproduktion spezialisiert. Die Beklagten sind auf die Aufzucht von Jungpflanzen spezialisiert. Die Klägerin beauftragte die Beklagten am 5. 6. 2019 mit der Aufzucht von 72.552 Stück verschiedener Sorten spezieller Tomatenjungpflanzen.

Eine Haftung des Verkäufers für eine etwaige Infektion von Tomatenjungpflanzen mit bakterieller Tomatenwelke (Clavibacter michiganensis ssb. Michiganensis) wird sowohl hinsichtlich einer Gewährleistung wie auch eines Schadenersatzes in jeder Hinsicht ausgeschlossen. Der Käufer erklärt sich mit dieser Haftungsfreizeichnung des Verkäufers ausdrücklich einverstanden. Der Verkäufer haftet für keine entstehenden Ertragseinbußen oder Folgeschäden.

Für eine Haftungsfreizeichnung sind – soweit von ihr Mangelschäden betroffen sind – tendenziell die gleichen Argumente wie bei Gewährleistungsauschlüssen zu beachten. Ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss erstreckt sich grundsätzlich auch auf geheime Mängel und solche, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaften betreffen. Er bezieht sich jedoch nicht auf arglistig verschwiegene Mängel oder auf das Fehlen zugesicherter Eigenschaften; dies gilt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch bei schlüssiger Zusage.

Die Privatautonomie gestattet den Vertragspartnern in den durch § 879 ABGB gezogenen Grenzen die im Gesetz geregelten Haftungsbestimmungen vertraglich zu erweitern oder einzuschränken. Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung sind somit nur insoweit wirksam, als ihr Abschluss oder doch ihre Anwendung im Einzelfall nicht gegen die guten Sitten verstößt. Absichtliche Schadenszufügung kann hiedurch niemals gedeckt werden. Es kommt darauf an, ob es sich um einen Schaden aus den für das Rechtsverhältnis typischen oder wenigstens im Einzelfall aus nach dessen besonderen Verhältnissen voraussehbaren Gefahren handelt. Ansprüche, an welche die Partei überhaupt nicht denken konnte, sei es, dass der Schaden aus einer nicht vorhersehbaren Gefahrenquelle entstanden ist, sei es, dass der Schaden auf einem „so krassen Verschulden“ beruht, dass die krass grobe Fahrlässigkeit im Ergebnis dem (bedingten) Vorsatz gleichzustellen ist, fallen nicht unter derartige Vereinbarungen. Ein Ausschluss der Haftung für schlichte grobe Fahrlässigkeit zwischen zwei Unternehmen ist aber nicht in jedem Fall unwirksam. Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Ob den Beklagten hier Vorsatz bzw dem gleichzuhaltende krass grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, und damit der Haftungsausschluss in Pkt 5 der AGB gänzlich unangewendet zu bleiben hätte, lässt sich aufgrund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht verlässlich beurteilen. Hätten die Beklagten vor Ablieferung an die Klägerin den Pilzbefall erkannt (und möglicherweise auch deshalb einzelne Pflanzen aussortiert), wäre jedenfalls von einer krass groben, dem Vorsatz gleichzusetzenden Fahrlässigkeit der Beklagten auszugehen. Wäre der Pilzbefall demgegenüber nur erkennbar gewesen, hätten die Beklagten genauer kontrolliert, was sie aber unterlassen haben, wäre von einem derartig schweren Grad an Fahrlässigkeit nicht auszugehen.

Unsere Meinung dazu

Die Entscheidung greift viel zu kurz. Der OGH beschäftigt sich nur mit dem schriftlichen Vertrag, nicht aber auch mit seiner eigenen Judikatur zur Verletzung von Hauptleistungspflichten durch den Lieferanten oder Werkunternehmer. Der OGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine Haftbeschränkung oder ein Haftungsausschluss dann nicht zulässig sind, wenn der Lieferant oder Werkunternehmer seine Hauptleistungspflichten verletzt. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Vertragspartner den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn er diese Verletzung vorhergesehen hätte. Das ist hier wohl zweifellos der Fall, da der Besteller sicherlich keine von Pilzen befallene Tomaten gekauft hätte.